
Hallo, hallo, hier schreiben Siri und Selma, die Buchfeen, die gar nicht mehr in Ruhe lesen können, da Masterchen einen Baum im Vorgarten fällt, direkt unter unserer Fairylesestube. Es tut uns allen in der Seele weh, sooo schade! Es war ein wunderschöner Baum, aber der Arme war krank, selbst die lieben Gartenfeen konnten ihn nicht mehr helfen. Er war vom bösen Virus befallen. Ihr seht, unser Master ist keineswegs ein christlicher Baumfeind, wie dieser Bonifatius, der die Donar-Eiche fällte oder wie Martin (wir meinen den Bischof von Tour, nicht den Mätes), der bereits AD 371 auszog, um heilige Haine zu zerstören.
Nicht alle Christen seien Baumfeinde gewesen, klärte uns gestern Masterchen auf. Da gab`s doch den Baum der Erkenntnis, den Thomas Mann den „unkeuschen Baum des Todes“ nannte.
Während Masterchen mit seinem Freund Gerrit von Schrottgorod sägt und axt, dass die Späne fliegen, haben wir uns in Masters Büro geschlichen, das rundum voller Lexika steht. Wir wollen doch mal schauen, was er selbst zum Baum geschrieben hat. Huch, was steht „Das Handbuch der Traumsymbole“ hoch, knapp unter der Decke gleich neben seinem Symbollexikon.
Selma liest laut vor: Baum ist das geheime Zentrum der Erde und somit des Urgartens. Unter seiner Krone finden Liebende Erfüllung, was schon Walther von der Vogelweide, ihr wisst, der fesche langhaarige Minnesinger, besang. Und habt ihr das vielleicht gewusst? Auf dem Grab von Tristan und Isolde sollen zwei ineinander gewachsene Bäume stehen. Und noch davor, im frühen Mittelalter, bestatteten diese wilden Merowinger ihre Toten in einem ausgehöhlten Baum. Es war häufig der selbe Baum, der bei ihrer Geburt gepflanzt worden war.
Und hört! Bäume galten als Wohnsitz von uns Feen und Elfen. Das früher so, als Buchfeen wohnen wir etwas exklusiver auf Regalbrett 3 und 4 – immerhin auch aus einem Baum geschnitten. Kennt ihr denn den Weltenbaum Yggdrasil, den die Nordgermanen verehrten (die ihr Bild des Kosmos übrigens mit den Atzeken teilten)? Diese Nordmänner behaupteten, die ersten Menschen Ask und Embla seien aus Bäumen und nicht aus dreckigglitschigem Ton geschaffen wurden. Wir finden es ganz toll, dass die uralten Griechen, die Masterchen oft anführt (eine Macke von ihm) schöne Bäume mit bunten Bändern schmückten. Das begann um 500 v. Chr. mit der Unterwerfung Griechenlands durch Dareios I. Es ist wahrscheinlich, dass der Perserkönig diesen Brauch in Griechenland einführte.
Wir lesen weiter: „In der chinesischen Symbolik spielt der Baum als „axis mundi“ eine wesentliche Rolle. In chinesischen Mythen wird diese Weltenachse vom Pfirsichbaum dargestellt. Der bedeutendste Baum ist jedoch in diesem Kulturbereich der Geneigte Maulbeerbaum (Fu Sang), der im Osten des chinesischen Reichs einhundert Meilen hoch wächst. Von ihm beginnt täglich die Sonne ihre Reise um die Welt.“
Master erzählte uns vorhin, dass in Japan bestimmte Zedern und Pinien als Wohnstätten der Götter galten. Er sprach von der Zeder am Berg Miwa und den Pinien in Oharano und Kitano, um uns etwas vom Tod unseres Baums abzulenken.
Selma fand erstaunt heraus, dass der Baum in der bildenden Kunst seit eh ein beliebtes Thema war. Caspar David Friedrich malte die sich spreizenden Bäume, Edvard Munch majestätische Eichen, Claude Monet Pappeln, van Gogh Kastanien, blaugrüne Nadelbäume und Zypressen und Piet Mondrian Apfelbäume, um nur einige zu nennen.
Nur ganz schnell zum Schluss, meine Schwester Selma ist bereits in den Garten geflogen, um sich vom Baum zu verabschieden, bevor er zum Kaminholz verarbeitet wird. Gerade plingplingte Masters Rechner. Ich Sirifee, seine liebkluge Archivarin, nahm die gute Maildung entgegen. „Das Handbuch der Traumsymbole“ ist in Estland veröffentlicht worden, jetzt sind Masterchens Bücher in 22 Sprachen übersetzt worden. Estland – oh je, ich weiß gar nicht wie die Landessprache heißt! Egal, die gute Nachricht muss ich Dina, Selma und Masterchen sofort mitteilen. Und mich vom lieben Holzapfelbaum verabschieden. Und von euch. Tschüß 😉
Liebe Grüße aus dem kleinen Dorf am großen Meer
Siri und Selma, Buchfeen
Liebe traurige Buchfeen,
mein herzlichstes Beileid!
Vielen Dank für die interessanten Informationen zum Baum und Gratulation an den Master.
22 Sprachen, das ist beachtlich!
Dag Solstad, der gefeierte norwegische Schriftsteller, ist in 20 Sprachen übersetzt worden, das las ich rein zufällig gestern.
Schönen Sonntag und liebe Grüße aus dem schwedischen Sommerland!
Dear Siri & Selma, so sad that the tree had to be cut down. Good that Master had decided to saw it up and use it as firewood. A wonderful thougt for the dear old tree. It gave shade so long as it was standing and is now waiting until it is dry and can used as firewood. All four of you can make a ceremony by sitting together on a cold, rainy
Well, on one hand it`s a pitty but on the other real firewood is great. We all love sitting in front of the roaring fire during howling winter gales.
Greetings from the bookfayries, Dina and me from rainy Cley
Kjäre Buchdame,
tak so myke för din ros!
Hälsning til Sverige
Klausbernd
mer kan jag inte 😉
Dear Siri & Selma, so sad that the tree had to be cut down. Good that Master had decided to saw it up and use it as firewood. A wonderful thougt for the dear old tree. It gave shade so long as it was standing and is now waiting until it is dry and can used as firewood. All four of you can make a ceremony by sitting together on a cold, rainy Winter evening and listen to the trees stories,which will be told through the
crackling sounds and dancing flames.
Talk to you again soon and my best regards to Master and Dina. Joan:-)
Da muss ich doch den Hl. Martin von Tour verteidigen, ist ja immerhin mein Namenspatron. Über Martin von Tour weiß man wie über die meisten Zeitgenossen herzlich wenig. Und das wenige aus seltsamen Quellen. Das mit den heiligen Hainen, die Martin von Tours angeblich gefällt hat, stützt sich auf eine Stelle in der Vita Sancti Martini von Sulpicius Severus. Sulpicius Severus, der auch eine Weltchronik geschrieben hat, hat immerhin Martin von Tours persönlich gekannt. Die Geschichte wird einen wahren Kern haben. Aber es geht darin nicht um mehrere heilige Haine, sondern um eine einzige Pinie, die neben einem Tempel gestanden hat und die gefällt werden soll, nicht weil Martin etwas gegen Bäume gehabt hätte, sondern weil die Pinie dem Kirchenneubau im Wege stand und weil dieser Baum „einen bösen Geist in sich trägt“ – Esoteriker würden sagen, der Baum musste gefällt werden, weil er Schwingungen heidnischer Götter aussendete, die – da dachte der Martin von Tour sehr magisch – die Schwingungen seiner Kirche stören würden. Es zu einem Streit mit den örtlichen heidnischen Priestern. Diese, so zeigt die Geschichte, hatten aber keineswegs etwas dagegen, dass überhaupt ein Baum gefällt wird. Im Gegenteil: Sie schließen mit Martin von Tour eine Wette ab und fällen dann den Baum selbst mit Begeisterung:
„Da sprach einer aus ihrem Kreise, der verwegener war als die andern: „Wenn du etwas Vertrauen hast zu dem Gott, den du zu verehren vorgibst, so laß uns den Baum umhauen und du mußt ihn im Sturz aufhalten. Ist dein Gott, wie du sagst, mit dir, so wirst du unverletzt bleiben“. Martinus sagte das zu; denn er kannte keine Furcht und vertraute fest auf Gott. Die ganze Heidenschar war jetzt mit dieser Bedingung einverstanden; gern wollten sie ihren Baum fallen sehen, wenn sie nur durch seinen Sturz auch den Feind ihrer Heiligtümer erschlagen sähen. Die Föhre stand nach einer Seite geneigt. Es war klar, nach welcher Seite sie beim Umhauen fallen mußte. Martinus ließ sich fesseln und nach dem Willen der Heiden gerade dorthin stellen, wohin nach jedermanns Überzeugung der Baum stürzen mußte. Alsbald begannen sie in unbändiger Freude damit, die Pinie umzuhauen“ (Sulpicius Severus, Vita S. Martini, cap. 13).
Der Heilige Martin wird natürlich durch ein Wunder gerettet. Das Wunder ist der ganze Zweck der Geschichte. Heiligenviten der Spätantike folgten bestimmten literarischen Mustern, meist von römischen Autoren übernommen, an die der Autor sich zu halten hatte. Die historische Wahrheit spielte dabei eine, sagen wir mal, durchaus untergeordnete Rolle. Nach dem Motto: Hauptsache gut und erbaulich erzählt.
Und warum wird dann heutzutage aus solchen obskuren Quellen die Geschichte entwickelt, der Heilige Martin habe heilige Haine fällen lassen?
Nun, weil es so gut in den Zeitgeist passt. Die bösen naturfeindlichen Christen holzen die heiligen Wälder der ach so naturverbundenen Heiden ab. Da ist genau nichts dran, einfach deswegen, weil es diese ganze Naturverbundenheit der Germanen, Kelten, Indianer etc. nie gegeben hat. Und was sollen Christen gegen den Baum an sich haben? Nichts. Eine solche Naturverbundenheit ist immer eine moderne Idee, eine rückwärtsgewandte Fantasie im Luxus lebender Wohlstandsbürger, die auf die edlen Wilden zurückprojeziert wird.
Dass jemand meint, einen Baum verteidigen zu müssen, weil der Baum irgendwie was Besonderes ist, ist eine Idee, die – sage ich mal frech – irgendwo im Hippie-Milieu entstanden ist und heute bei Städtern zum Mainstream geworden ist. Die Kelten, Germanen, Indianer und Co. waren froh, wenn sie mit ihrem primitiven Werkzeug überhaupt mal einen dickeren Baum fällen konnten …
Hallo Klausbernd!
Ich lese zurzeit ständig von schweren Regenfällen und Überschwemmungen in England, die auch East Anglia erreicht haben sollen. Wie sieht es denn bei Dir aus? Bist Du auch davon betroffen? Ich hoffe, die Buchfeen sitzen nicht mit Schwimmwesten bekleidet ängstlich auf dem obersten Regal Deiner Bibliothek.
Herzlichen Glückwunsch zur Übersetzung Deines Buches in Estland! Ich hoffe, dass viele Leute dort Dein Buch kaufen werden! …und richte bitte Siri aus, dass die Landessprache (ganz einfach) Estnisch ist.
Viele Grüße aus dem trockenen, warmen Salzgitter.
Ingo
Lieber Ingo,
ganz liebherzlichen Dank für deine E-Mail. Wir hier am Meer haben keinerlei Flutprobleme, aber die Buchfeen sitzen etwas mürrisch in ihren Regalen, da sie nicht fliegen können. Ihre Flügel werden durch die Nässe zu schwer. In Dereham, von uns nicht so weit im Landesinneren, sieht es wohl bedrohlich aus wie insgesamt im Landesinneren.
Meine erste Arbeit war ja in Finnland, wenn ich diese vertrackte Sprache nie beherrschte, so kann ich doch sagen, dass Estnisch mich sehr an Finnisch erinnert. Siri bedankt sich mit vollendetem Fayrie-Knicks bei dir.
Noch einen schönen Sonntag, liebe Grüße
Klausbernd und seine beiden wieder kichrigen Buchfeen Siri und Selma, die auf deinen Hinweis hin emsig Inspector Barnaby Bücher lesen
Lieber Martin,
wow, habe ganz herzlichen Dank für deinen klugen Kommentar. Naja, so ganz würde ich dir dennoch nicht Recht geben. Was du ansprichst, scheint mir nur die eine Seite der Geschichte zu sein. Auf der anderen Seite idealisierten heidnische Kulturen den Baum entweder wie bei den Nordgermanen als Abbild des Kosmos, bei anderen als Wohnstätte der Götter und die Kabbalisten stellten dann doch glatt den Baum auf den Kopf. Dass der Baum verehrt wurde, ist m.E. darauf zurückzuführen, dass er als Baumaterial, Feuerholz, für Werkzeug und speziell für Waffen genutzt wurde. Er spielte eine zentrale Rolle im alltäglichen Leben.
Und zur Legende von Martin von Tour, well, wer weiß – im Sinne vom historisch gesicherten Wissen – wie`s wirklich war?
Dennoch gebe ich dir recht: entfremdete Naturverbundenheit und Baumkult erlebte ich während meiner Hippiezeit in nordamerikanischen Landkommunen. Wir kamen ja alle aus den Großstädten und spielten Gentleman-farmer, denen es zu eigen ist, die Natur bis ins Lächerliche zu idealisieren. Ich lebte in Vermont, wo wir Ahornsirup gewannen. Mit einem (ausgedachten) Ritual nicht ohne erotische Komponente, die bei einem wirksam Ritual wohl niemals fehlen darf, entschuldigten wir uns bei den Bäumen, dass wir sie anritzten. Das Typische daran scheint mir, dass die Natur radikal vermenschlicht wird. Dem Baum war sicher die Entschuldigung egal 😉
Die Kritik, wenn ich mich recht erinnere, vom iro-schottischen Christentum am römischen, war die Auffassung die wohl irgendwo in der Bibel steht, nämlich „macht euch die Erde untertan“ (du kennst das bestimmt genauer). Zumindest auf Iona, Lindisfarne/Holy Island (wo Columban und Aidan schrieben) wird von schauerlich unfreakigen Scholaren die Ansicht verbreitet, dass die zum Christentum konfliktlos übergegangenen Kelten gegen diese christliche Auffassung das Zusammen mit der Natur betonten. Was daran historisch korrekt ist? Keine Ahnung. Mit den Kelten ist`s ja wohl eh ein Problem, da man über sie quasi nichts weiß und worüber man nichts weiß, das zieht wildeste Spinnereien an.
Nochmals ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar
Klausbernd
Guck, da habe ich Dich wenigstens zu einer interessanten Erinnerung an die Ahorn-Ernte im schönen Vermont provoziert ……
Der Baum als Abbild des Kosmos – das ist offenbar eine fast weltweit verbreitete Vorstellung, Maya, Babylonier, Griechen, Perser, alle haben ihren Weltenbaum. Die Juden natürlich auch, da heißt er Baum des Lebens und steht mitten im Paradies (1 Gen 2.9 „Und Gott der HERR ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen“), war also auch ein heiliger Baum. Der Baum des Lebens, ist nicht zu verwechseln mit dem Baum der Erkenntnis, der auch im Paradies steht und später wegen Eva & Schlange wichtig wird. Wer vom Baum des Lebens isst, wird unsterblich (1 Gen 3.22), ganz diesseitig gedacht, aber das tut niemand, denn die Menschen werden bekanntlich aus dem Paradies rausgeschmissen.
Erst ganz am Ende des Neuen Testamentes kommt der Baum des Lebens wieder vor, in der Offenbarung des Johannes. Der Verfasser dieses Textes kannte die jüdische Tradition gut und hat folglich in das Neue Paradies, die Neue Schöpfung nach dem Ende dieser Welt, wieder einen Baum des Lebens gestellt, genauer direkt viele, denn es muss ja alles besser werden (Off 22.2).
Muss Mensch also so lange warten, bis ans Ende der Zeiten? Nein, es gibt schon vorher was, verspricht der Verfasser der Offenbarung (Off 2.7). Das hängt damit zusammen, dass das Kreuz, an dem Jesus hingerichtet worden ist, ja auch aus Baum-Holz war, …. den Rest kriege ich jetzt nicht mehr zusammen, in der Küche hat gerade ein Weinkorken mit dem entsprechenden Geräusch die Flasche verlassen.
Nur kurz noch: Irgendwann hat eine begabte Hobby-Archäologin ja angeblich dieses Kreuz ausgebuddelt und in gefühlte eine Millionen Partikel zerlegt, die als heilige Reliquien in allen möglichen Kirchen schlummern. Vielleicht ist auch in der Kirche von Cley ein kleines Stückchen heiliger Baum???
Also, ich habe das hier jetzt alles gelesen und musste erst mal paar Kopfstände machen…..tja wie es scheint, müssen auch Bäume von Zeit zu Zeit sterben, wie schade!
So ein wärmendes Feuer im Winter, wie wundervoll!!
Ich werde den blog vermissen in den nächsten Wochen, da bin ich nämlich im Wald bei meine Freunden den Bäumen und völlig offline….
Ganz anderen Schwingungen ausgesetzt, in meiner Hängematte zwischen wunderbar duftenden, schattenspendenden und hoffentlch noch gesunden Bäumen, die geduldig zu- hören, wenn ich meine neusten Songs probesinge….und dabei auf die vor mir weidenden Ponys schaue und die Schmetterlinge den Lavendelduft verteilen………aaahhhhhh……
Freue mich schon auf viele neue Meldungen aus Cley, die ich dann in einem Rutsch lesen werde. Danke lieber Klausbernd!
Sommerliche Herzensgrüße von Pia
I knew it! He’s a lumberjack and he’s okay, he sleeps all night and he works all day. 🙂
You got it 😉 😉
Have a great time with Soso
Love
Klausbernd
by the way, Siri and Selma were asking the other day „Where`s our fried Irgendlink now?“ I told them that you`re nearly back home. Their reply „Well done, congratulations! We are imprtessed.“
Hallohallo, I sincerely hope, Irgendlink is not fried 😉
Oh dear, oh dear, herewith I send Irgendlink a N which makes a fried one to a friend.
And another correction: of course we should be impressed!
Sorry, I drank my afternoon port, very civilised
Enjoy the rest of Sunday
Klausbernd
P.S…. He didn’t have any buttered scones though.
🙂 🙂
Don`t forget to by some Girlscout-Cookies and always look on the bright side of Life, jetzt habe ich nochmal richtig abgelacht, danke, und jetzt wirklich tschühüß
Liebe Pia, wir wünschen dir einen schönen Urlaub und gute Erhloung zwischen den Bäumen!
Love,
Dina, Siri & Selma
und Masterchen grüßt auch
Da werden doch spannende Fragen aufgeworfen. Auf der einen Seite idealisieren wir sicher die Natur, und ich bin mir unsicher, ob das ökologisch sinnvoll ist. Ich glaube letztlich ja. Auf der anderen Seite nutzen und ausnutzen wir die Natur, was ich irgendwie ebenfalls berechtigt finde. Hat nicht Mätes hier schon früher mal geblogged, dass wir doch nicht wie im Mittelalter oder vorgeschichtlicher Zeit leben wollen. Ich zumindest nicht.
Natur und Mensch, ein nicht so einfaches Thema. Ich las bei uns in Svalbard in der Zeitung, dass Greenpeace mit seinen Aktionen gegen die Robben- und Waljagd ohne Wimperzucken in Kauf nahm, dass mehrere Stämme auf der Halbinsel Yamal, ich glaube auch bei den Tschutschken – oder wie die sich schreiben, also die östlich davon leben – ausstarben. Mein Urgroßvater fuhr übrigens auf einem Walfänger, als ich das meinem grönländer Bekannten erzählte, meinte der sarkastisch lächelnd: „Erst habt ihr uns die Meere leergefischt, später kamen dann diese Ökofreaks, um uns den Walfang, unsere Lebensgrundlage zu verbieten – habt ihr sie nicht alle!“
Das nur zum Denkanstoß (so sagt man doch auf Deutsch?)
Liebe Grüße von Lonyearbyen/Svalbard und eine schöne Woche
Per Magnus A.
Ja, gerade hat man wieder den Grönländern verboten, mehr Wale zu fangen, obwohl das zu ihrer Lebensgrundlage gehört. Dabei sind die allermeisten Walarten überhaupt nicht gefährdet, sondern vermehren sich lustig. Ich habe mir mal die Mühe gemacht, die Bestandzahlen der wichtigsten Walarten aus deutschen und englischsprachigen Quellen zusammenzustellen. Alle denken, es gäbe vielleicht ein paar Tausend Wale. Tatsächlich aber schwimmen Millionen Wale in den Meeren herum.
Man hat jetzt eine neue Begründung für das Verbot des Walfangs gefunden: Walfleisch sei ungesund, wegen der vielen Schadstoffe, die im Meer herumschwimmen sollen (http://www.fr-online.de/natur/waljagd-walfleisch-ist-ungesund,5028038,16563082.html). Was die Zeitungsartikel nicht erwähnen: Die hohen Dosen an Quecksilber wurden in der Leber von Walen gefunden, die sowieso kein Mensch isst, die anderen Substanzen meist im Fett, nicht im Muskelfleisch. Etwas rätselhaft ist, dass Walfleisch oft von einem Bakterium befallen ist (Brucella), das aber nichts mit der Verschmutzung der Meere zu tun hat. Ich kann nicht beurteilen, wie gefährlich Walfleisch wirklich ist, die Untersuchung einer Umweltorganisation (http://www.prowildlife.de/sites/default/files/toxic%20menue_lowres.pdf) ist sehr detailliert, wer Hunger auf Walfleisch hat, kann ja da mal nachlesen. Ich esse lieber Fischstäbchen.
Und dann erdreisten sich diese Grönländer doch tatsächlich, Walfleisch in Restaurants auch Touristen anzubieten, um damit Geld zu verdienen! Das muss sofort unterbunden werden … (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/1804293/)
Ich musste schon öfters Walfleisch essen. Es schmeckt nicht gerade formidabel. Übrigens wusste man bis ins 17. Jh. hinein nicht, dass der Mensch Walfleisch essen kann. Zur Hochzeit des Walfangs in Smeerenburg (Nordwest-Svalbard, das auch von Herman Melville im „Moby Dick“ als DIE Tranküche erwähnt wird) führten die Holländer z.B. alle Lebensmittel ein. Einige Walfänger sind in der Arktis trotz Walfleischbergen verhungert. Ob die wussten, warum sie das nicht aßen? Ich hörte, in der früheren DDR wurde bisweilen Walfleisch angeboten. Von meinem kleinen Dorf am großen Meer fuhren kühne Männer zum Walfang aus, keine Quelle gibt jedoch an, dass sie Walfleisch aßen.
Heute sehe ich in der Arktis Wale en gros, selten sind eher die Narwale, deren Stoßzahn die Legenden um das Einhorn inspierten. In Mittelalter war man der Ansicht, dass dieses Horn potent mache und einem vor Gift schütze. Mir wurde letztlich, höchst illegal, ein kleinerer Narwalstoßzahn für etwa tausend Euro angeboten (in Nordost-Grönland) – ich wirkte wohl zu schwach 😉 oh dear …
Fast der ganze Wal wird verwertet, Das Geschmackserlebnis hat viele Facetten,von iiiiiiih… bis hmmm… megalecker. Aus meiner Kindheit kann ich mich erinnern,es gab „Hvalbiff“ als Ersatz für Rindersteaks, Wal war sehr viel billiger als das andere Sortiment in der Fleischtheke, heute jedoch nicht mehr so günstig da sehr rar.
„Hvalbiff“ schmeckt ausgezeichnet, was man sonst n der Küche zaubern kann;
http://snakk.klikk.no/Oppskrift/Hvalbiff/11494992
Guckt mal, man so kann man auch argumentieren:
„Esst die Wale!
Sie haben richtig gehört: Essen Sie Wale. Wenn Sie nicht die Selbstdisziplin haben, keinen Fisch mehr zu essen, aber trotzdem unermessliches Tierleid, die Leerung der Meere und das Aussterben der Fische verhindern möchten, dürfen wir Ihnen vorschlagen, dass Sie Fische in Ruhe lassen und … Wale essen?
Die Zahlen
Derzeit konsumiert die Menschheit 100 Millionen Tonnen Fisch aus dem offenen Meer und 55 Millionen Tonnen aus der Aquakultur, das sind weltweit Hunderte Milliarden Meerestier-Individuen jährlich …
Rechnen wir es einmal durch: Ein Fischessen für vier Personen kann eine zweistellige Todesrate bedeuten. Wale sind groß. Tatsächlich wiegen Blauwale durchschnittlich 84 Tonnen. Der Pottwal bringt es auf durchschnittlich auf 35 Tonnen, und ein typischer Grauwal wiegt ca. 20 Tonnen. Wären Blauwale die einzige Menü-Wahlmöglichkeit für Fleischesser, läge die durchschnittliche Jahres-Gesamtleichenzahl von Blauwalen für die Befriedigung des Fischappetits der Menschen bei 1,8 Millionen Blauwalen. Geht man von einem Durchschnittsgewicht einer Sardine, 300g, aus, kommt man pro Wal auf 280.000 Fische.
Würde man also Wale statt Fische essen, könnten wir jedes Jahr erneut knapp 40 Milliarden Fischen einen grauenhaften Tod ersparen!“ (http://www.peta.de/web/esstdiewale.2080.html).
Kleiner Kommentar: Die Peta-Leute sind so vegetarisch, dass sie schon nicht mehr wissen, dass man zwar eine Sardine fast mit Haut und Knochen ist – früher in Jugoslawienland haben sie so Mini-Sardinen gegrillt, die hat man tatsächlich ganz gegessen, waren lecker, da kam man allerdings pro Person auf eine zweistellige Todesrate) – ein Menü aus Walfett hingegen? Gibt es das?
Sehr interessant, deine Theorie! Die Lofoten sind fast leergefischt, der Fischtourismus nimmt stetig zu und es ist jedes Jahr ein brennsliges Thema. Die Touristen werden angemahnt nur so viel Fisch dem Meer zu entnehmen, wie die selbst gerade vertilgen möchten… doch, doch es ist so verlockend mehr ins Boot zu holen, guck, guck.
Die Touristen wollen ganz viele prächtige Fische fangen und Wale beobachten. Und umgekehrt? In Fredrikstad gibt es ein Walfängermuseum, die Harpune vorm Eingang gleicht eine Kanone! Walfang ist abenteuerlich, mehr sage ich nicht dazu. ;-), lese lieber Melville.
Ja, ja, bei Melville, der selbst als Walfänger fuhr, kommt man den Wal schon sehr nah und das im Lehnstuhl 🙂
Übrigens bei „Moby Dick“ ist es UNBEDINGT notwendig, darauf man darauf achtet, eine UNGEKÜRZTE Ausgabe zu lesen, am besten die mit den 269 hervorragenden Illustrationen von Rockwell Kent. Das lohnt sich! Es sind nämlich sehr viele gekürzte Ausgaben im Umlauf.
Interessant fand ich auch das Essay von Jean-Pierre Lefebvre „Die Arbeit des Wals“, die in einigen Moby-Dick-Ausgaben mitaufgenommen wurde.
Ich besitze die hervorragend editierte Ausgabe von Zweitausendeins von 2004, die ich jedem empfehlen kann und als Buchfreak muss man einfach die limitierte und nummerierte Vorzugsausgabe dieser Edition besitzen.
Mit diesem Wort für die Buchliebhaber verabschiede ich mich, da ich mein Boot nun lenzen muss. Tschüß
Klausbernd 🙂
… ist nicht meine Theorie, ich halte das für überspannt ….
Spannend finde ich, wie wir auf diesen Blog vom einen, den Baum, zum anderen, den Wal, kommen. Solch rhizomatisches Denken gefällt mir und vielleicht liegt es daran, dass ich mich für Bäume und Wale interessiere. Mir fiel auf, als ich darüber nachdachte, dass die traditionellen alten Gebiete des Walfangs zu Ende des 16. und bis über die Mitte des 17 Jh. baumlose Gebiete sind. Das tertium comparationis – also das Gemeinsame – ist wohl die Größe. Der Baum ist eine auffällig große Pflanze und der Wal das größte Tier. Eine Frage: Kann das sein, je größer ein Lebewesen ist, desto wahrscheinlicher ist es in unserer Kultur, dass wir Mitleid mit ihm empfinden? Mit Einzellern, Bakterien und Viren hat wohl kaum einer Mitleid, sie werden nicht idealisiert, für sie setzt sich keiner ein.
Wie diese Mini-Sardinien gibt es hier als Delikatesse white bait. Das sind kleine Fischlein, die ebenfalls vollständig gegessen werden. Ein buddhistischer Bekannter von mir kritisierte mich einst, als ich im Pub white bait bestellte, genau mit dem Argument, dass für diese Vorspeise viele Lebewesen ihr Leben lassen mussten.
Was mir jedoch nicht einsichtig ist, dass die Vegetarierer Tiere schützen wollen, aber Pflanzen augenscheinlich nicht schützenswert finden. Dahinter steht wohl eine Wertehierarchie, in der die Pflanze unter dem Tier steht. Warum eigentlich? Gehören die Pflanzen nicht zu den fühlenden Wesen, wie es im Buddhismus heißt?
Zurück zum Thema, darf ich guten Gewissenfs einen Baum fällen, aber nicht einen Wal harpunieren? Lesenswert in diesem Zusammenhang finde ich „The Hunter and the Whale“ von Laurence van der Post (dem Erzieher von Prince Charles, unserem Vorzeige-Ökologen).
Ganz herzlichen Dank für die vielen Denkanregungen!
Liebe Grüße vom kleinen Dorf am großen Meer
Klausbernd
Übrigens meine kichrigen Buchfeen Siri und Selma stehen den Pflanzen näher als dem Tier …
die Idealisierung der Natur ist eins, das andere ist der verloren gegangene Respekt vor ihr. Das Bewusstsein, dass auch wir „denkenden“ Zweibeiner nichts anderes als ein Stück Natur sind- die Propaganda: machet euch die Welt = Natur untertan, hat zu all dem geführt, was wir heute Umweltzerstörung nennen, Wälder sind kaum mehr Wälder und in den Meeren schwimmen die Plastikkügelchen, neben all den Ölmolekülen…
Der Baum ist der Baum, wie der Himmel der Himmel ist, aber sie sind eben auch menschliche Symbole, darin sehe ich kein Falsch, wenn mensch dadurch wieder zurück zur Verbundenheit kommt. Dazu muss man keine Bäume umarmen und sie abknutschen, aber man muss auch nicht mit Baumerntemaschinen den halben Wald zerstören…
danke für die wunderbare Zusammenfassung wer wann welchen Baum verehrte, auch ich finde Bäume wunderbare Geschwister, die mir Ruhe und Schatten spenden, die für mich die Achse zwischen Himmel und Erde bilden und mich daran erinnern aufrecht zu gehen und den Kopf nicht hängen zu lassen ;o)
und dann noch meinen herzlichsten Glückwunsch für die Veröffentlichung
herzlich grüßt Frau Blau mit Blick auf die Esche gegenüber… ein Weltenbaum genau vor dem fenster, wer hat das schon… 🙂
Ich liebe Bäume und habe in meinem Leben schon eine Menge Bäume gefällt, und eine Menge Bäume gepflanzt. Was ich für sehr wichtig halte: Wer einen Baum fällt, muss auch einen neuen pflanzen, werden und vergehen …. Was mir nicht gefällt, ist die nostalgische Idealisierung, ja Sakralisierung der Natur. Man könnte das an Polarforschern aufzeigen oder bei den Walfängern, aber bleiben wir bei den Bäumen:
Bäume fällen war bis vor nicht allzu langer Zeit eine sehr gefährliche Angelegenheit und ist auch heute noch der unfallträchtigste Beruf: Jeder dritte Waldarbeiter hat jährlich (!) einen Unfall (http://www.lsv.de/hrs/03unfallverhuetung/03Unf__lle/Unf__lle_bei_der_Waldarbeit.pdf). Wenn sich ein vor-aufgeklärter Mensch bei einem Baum dafür entschuldigt, dass er ihn fällt, dann nicht, weil er den Baum als solchen verehrt, sondern weil er Angst vor dem nur schwer berechenbaren Verhalten eines Baumes hat und hofft, dass der Baum ihm gnädig ist. Vor der Erfindung moderner Baum-Ernte-Maschinen gab es jährlich noch viel mehr Tote unter den Holzfällern. Auch hier ist es wie so häufig, wenn heute von der Natur die Rede ist: Wer in der Stadt zwischen Naturholzmöbeln sitzt, kann leicht Bäume verehren und moderne Baumfälltechnik ablehnen. Wer selber einen Wald pflegt, Bäume fällt und dafür sorgt, dass für nachfolgende Generationen gute Bäume heranwachsen, aus denen man gutes Möbelholz machen kann, der weiß, dass die Natur nicht einfach von sich aus das liefert, was der Mensch will, und dass es ein hartes Brot ist, sich gegen die Natur durchzusetzen, sich eben die Natur untertan zu machen.
Der Wald, das wissen unsere Märchen noch, ist kein Freizeitparadies und kein Ort spiritueller Erhebung, der Wald ist das Wilde und das Wilde ist der Ort der Gefahr. Die Natur ist (vor allem, aber nicht nur) für den Menschen, der nicht in der durchtechnisierten Neuzeit lebt, ein feindliches Element, sein Gegner, den er durch religiöse Riten friedlich stimmen muss. Das ist natürlich auch eine Art Respekt vor der Natur, aber doch ein Respekt nicht vor einem gütigen höheren Wesen, vor der guten Mutter Natur, sondern ein Respekt vor einer bösen und launischen Wesenheit, die den Menschen nur nährt, wenn wir uns gut mit ihr stellen.
“Im Wald da sind die Räuber, die schlagen alles tot …” so heißt es in einem deutschen Volkslied. Im Volksmärchen, im Kunstmärchen der Romantik (Ludwig Tieck z.B.) bis hin zu Tolkins “Herr der Ringe” und seinen Nachfolgern ist der Wald ein Ort der Gefahr, der er in der Tat auch ist. Deswegen symbolisiert der Wald im Traum und anderen Fantasien stets unser Unbewusstes, eben jene unkontrollierbaren Kräfte in uns. Außerhalb des Waldes ist die Kultur angesiedelt, psychologisch gesehen das Bewusstsein. Die Spannung zwischen Natur und Kultur macht das Menschsein aus, was Nietzsche ausdrückt in seinem vielzitierten Satz “Der Mensch ist ein Seil gespannt zwischen Tier und Übermensch”. Wie auf der einen Seite der Raubbau an der Natur getrieben wird, so finden wir auf der anderen Seite jene prä-bewusste Naturschwärmerei. Beides ist vielleicht nötig, um einen Ausgleich zu schaffen. Goethe mag das so verstanden haben, wenn er nicht nur in seinen naturwissenschaftlichen Schriften von der Polarität in der Natur ausgeht – was für mich auch immer die Polarität vom Bewussten und Unbewussten beinhaltet. Beides hat seine Berechtigung. Wenn es auf der einen Seite so weit getrieben wird, dass mit Baumerntemaschinen der Wald verdrängt wird, bedarf es auf der anderen Seite der Baumumarmer und Baumabknutscher.
Mir ist während dieser Diskussion hier aufgefallen, dass Sigmund Freuds Maxime “Wo Es war, muss Ich werden” das psychologische Äquivalent zu “Macht euch die Erde untertan” ist.
Der Baum wird nach C.G. Jung als ein archetypisches Symbol gesehen. Und ich glaube, hier liegt der springende Punkt: der Baum in der Symbolik ist NICHT der Baum im Wald oder auf der Wiese. Den “Bruder Baum” zu umarmen im Bewusstsein, dass dies eine psychologisch ausgleichende Wirkung auf einen selbst hat, ist meines Erachtens völlig okay, aber zu denken, dass die Berührung des realen Baums einen verwandelt oder wir dadurch dem Baum helfen, halte ich für eine Regression in das magische Denken der Kindheit, dass eben jeden Unterschied zwischen Symbol und Realität nicht kennt. Dieser Unterschied wird heute durchweg in der Fantasy-Literatur negiert, die ja so beliebt und deswegen so einflussreich ist.
Das sind meine Gedankensplitter am Morgen …Ich wünsche euch einen rundum angenehmen Tag
Klausbernd, die beiden muntren Buchfeen Siri und Selma lassen auch grüßen und euch bestellen, dass sie als Naturwesen nie auf die Idee kämen, sich solche Gedanken zu machen
… das hast du fein gesagt ….
… du aber auch! 😉
Die Bäumen bilden das Rückgrat des Gartens und des Waldes, jetzt verzweifele ich wieder an der Deutschen Sprache, warum heißt es nicht der Rückgrat?
Der Meinung waren Goethe und Eichendorff auch: „eine Art den Rückgrat zu drehen (Goethe, Werke, 36, 69); da spottet man wohl über einen Mitbruder, der bis an den Rückgrat schmutzig … erscheint (36, 85) Balance! Distance! den Bauch an den Rückgrad! (Eichendorff 3, 431) —- Spanier, Franzosen, Italiener und Portugiesen sind sich übrigens einige, dass das Ding weiblich ist: „espina vertebral“ – auch die Mediziner stimmen ihnen bei: „Spina dorsalis“ ist auch weiblich – das Rückgrat weiblich, was sagt da nur unser Symbolforscher und Psychologe zu … ??
Das Rückgrat ist psychologisch ganz klar weiblich, da es seit eh als Metapher für das Unbewusste genutzt wird. Das ist daraus verständlich, dass man seinen Rücken nicht sehen kann und was man nicht sehen kann, ist unbewusst. Das Bewusstsein ist männlich, das Unbewusste ist demnach weiblich – so etwas sehen es C.G. Jung, Erich Neumann und Marie Louise von Franz. Da das Rückgrat mit dem Unbewussten verbunden ist, das man auch immer fürchtete, trug man in alten Zeiten Amulette auf den Rücken. Ideologoisch ist hier die Verbindung von Weiblich mit unbewusst und unkontrollierbar und somit natürlich (das stammt aus vorromantischer Zeit, als die Natur noch nicht idealisiert wurde) aussagekräftig.
Gerrit von Schrottgorod bemerkt: „Das Irrationale als weiblich zu sehen, ist ja drastisch vom Männlichen geprägt!“
Alles klar?
Liebe Grüße aus dem gerade regnerischen kleinen Dorf am großen Meer
Klausbernd
… Metapher für das Unbewusste??? Hm, Hm „Rückgrat zeigen“ heißt doch „standhaft sein“, „Charakter zeigen“ – „backbone“ in der IT-Sprache den Hauptstrang des Netzes —
Wie reimte Klabund so schön:
Ach, besser wär’s, ihr alten Knaben,
Ein Rückgrat überhaupt zu haben
Im Leben und daheim im Laden
Und nicht bei völkischen Paraden.
Der Rücken, aber die Wirbelsäule (die übrigens weiblich ist) … ?????
Wendungen wie „Rückgrat zeigen“ sind sprachgeschichtlich relativ neu, ich glaube, 19. Jh. Bis zu dieser noch weiter übertragenen Bedeutung stand augenscheinlich beim Rückgrat der Rücken, also das Unsichtbare für einen selbst, im Vordergrund.
Nicht ganz, 😉 – mir ist immer noch völlig dunkel;
warum heißt es der Grat und das Rückgrat…
Love
Dina
🙂
… vielmehr, warum wird aus DER Rücken + DER Grat = DAS Rückgrat??
Schwer zu beantwortende Frage. Nun habe ich mit Siri und Selma alle meine etymologischen Wörterbücher gewälzt, im Bächtold-Stäubli geblättert und in meinem mittelhochdeutschen Wörterbuch. Das fanden wir: Das Wort „Rückgrat“ ist seit dem 15. Jh. belegt und zwar als „ruckegrat“, das männlich flektiert wurde. Wir haben keinen Verweis auf „das Grat“ finden können. Siri und Selmas Theorie: Durch die metaphorische/übertragende Bedeutung von „Grat“ hat sich der Genus geändert, denn in mittelhochdeutscher Zeit war „grat“ NUR als geografischer Begriff (Berggrat) gebräuchlich. Ich halte jedoch dagegen, dass aus der Wurzel „grat“ das ebenso in seiner Bedeutung übertragene Wort „Gräte“ stammt, das – wie es sich symbolgeschichtlich gehört – eindeutig weiblich ist.
Selma, Siri und ich schütteln unsere Köpfe unisono: „Ehrlich gesagt, keine Ahnung“. Aber der Mätes ist doch auch Germanist – kluger Martin hilf!
Nun kommt die Sonne heraus und Siri und Selma fliegen aus und der Master sinniert noch etwas über „das Rückgrat“.
Sorry, liebe Dina! We are of no help …
Liebe Dinafee,
Wir gratulieren! Als Norwegerin hast du genau eines der wenigen deutschen Wörter dir ausgesucht, das auf der Duden-Liste der „rechtschreiblich schwierigen Wörter“ steht. Und das nicht nur rechtschreiblich, sondern auch noch grammatisch.
Wir Buchfeen sind flattrig impressed!
Ha – auf der Dudenliste steht auch Gratwanderung…
Dementsprechend doch nicht ganz Demens-entsprechend, 😉
ich kann mich an die Regeln der Grammatik kaum erinnern und der Dativ/Genitiv-Sick hat mich vollends verwirrt. Die Buchfeen stöhnen, „Dina muss das Buch verkehrt rum gelesen haben, jetzt macht sie genau die Fehler, die man nicht machen sollte…“
Deutsch IST schwer.
Was sagt denn das, dass die sprachgeschichtliche Diskussion von Rückgrat die um die Polarität von Natur und Kultur verdrängt hat?
Hmmm… eine Frage die ich an Freud richten würde… Was hätte er wohl geantwortet?
„Wenn jemand zu uns kommt und uns erzählt, auf dem Mond wachsen Erdbeeren, beginnen wir sofort, ihn davon zu überzeugen, daß dies doch nicht möglich sei, anstatt uns zu fragen, warum ihm solch absonderliches einfiele, unsere Aufmerksamkeit zu erlangen.“ – Sigmund Freud
😉
Ja, diese Metakommunikation, d.h. die Frage, warum kamen wir hier im Blog vom Baum aufs Rückgrat, finde ich auch spannend. Freud hätte den Baum als Phallussymbol gesehen, wobei ihn Jung gleich ins Wort gefallen wäre, und von Vergeistigung gesprochen hätte. Für Jung wäre die Sache klar gewesen, das tertium comparationis wäre die Achse – axis mundi und Achse des menschlichen Körpers. So wäre das für ihn die Frage nach unserem Mittelpunkt gewesen.
Freud hätte gesagt, vom Baum zum Rückgrat ist von einer Verdrängung sexueller Inhalte geprägt, da der Baum sexuell besetzt ist (was sich z.B. schön in den Traditionen des Maibaum zeigt) und das Rückgrad eher nicht. Damit geht Hand in Hand, dass die Diskussion iintellektueller wurde, nämlich linguistisch, so etwas Ähnliches wie eine Rationalisierung.
Aber sind solche Assoziationen nicht spannend, da in ihnen ein großes kreatives Potenzial liegt? Dazu braucht man übrigens nicht unbedingt tiefenpsychologisch zu argumentieren.
Wow, liebe Dina, du stellst ja Fragen …
Danke dafür
Klausbernd
Die Titanic lag auf der Couch:-
https://kbvollmarblog.wordpress.com/2012/04/05/die-titanic-auf-der-couch/
und Freud und Sherlock Holmes haben sich das Rauchen vorgenommen;-
https://kbvollmarblog.wordpress.com/2012/04/28/rauchen-ein-fall-fur-sigmund-freud-und-sherlock-holmes/
Warum schicken wir den Baum nicht auf die Couch??
Liebe Grüße
Dina
Hauptsache, der Baum soll sich nicht das Rauchen vornehmen, denn das wollen die Grünen in Nordrhein-Westfalen jetzt ganz streng verbieten lassen, nicht nur den Bäumen, obwohl, so eine Entspannungszigarette vor der Therapie-Sitzung würde dem Baum sicher auch gut tun …
Aye, aye me Lady, we`ll do it!
Love & Kisses
to the Misses
🙂
Ich komme mir vor wie im postmodernen Roman, völlig baumelig und ohne Rückgrat
was für eine herrliche Debatte… an sich gibts ja nix mehr dazu zu fügen, bei so viel studierten und gelehrten Menschen…
vielleicht nur noch eins, weil ja Martin auf meins hin seins geschrieben hat, viele Felder oben…
ich gebe dir Recht, da wo ein Baum gefällt wird, sollte auch wieder einer gepflanzt werden, so sehen wir das hier auch… der Liebste ist nämlich ein Wald- und Gartenmensch und ich neben vielen anderen Seiten, eben auch eine Kräuterliesel… und ja, ich gebe dir auch Recht, wenn du sagst, dass der Wald gepflegt werden muss, wobei ich Bannwälder ungemein spannend finde, weil sie eben nicht gepflegt werden und dort sichtbar wird, wie sich ein Wald selbst pflegt…
mein Groll gegen die Baumerntemaschinen bleibt dennoch bestehen… du musst das mal sehen! Da findet eine Bodenverdichtung statt, die viele, viele Jahre braucht, um dort wieder etwas wachsen zu lassen und weiter verletzen diese Maschinen lebende Bäume, das es nur so kracht und genau das muss meiner Meinung nach nicht sein. Aber es geht eben im Wald um Wirtschaftlichkeit und weniger um den Wald an sich.
Ein sehr spannendes Buch zu diesem Thema hat ein Förster geschrieben, wenn der Liebste das Buch noch haben sollte, füge ich Titel und Autor später noch ein-
was nun die Romantisierung von Natur anbelangt, da kann ich nur sagen, dass Natur für mich beides ist, zum einen kenne ich gut die romantischen Anflüge, wenn ich zum Beispiel einen Schwan im Schilf auf seinem Nest hocken sehe und dies dann ablichte, oder bei Sonnenauf- und -untergängen, oder, oder, oder….
aber dann kenne ich auch sehr gut die andere Seite, dass Natur nämlich nicht romantisch ist, sondern ein lebendiges Netz aus fressen und gefressen werden und gefährlich ist sie obendrein… je nachdem wo ich mich gerade aufhalte…
und drittens, die Natur ist, wie sie ist, den Rest sehen wir in sie hinein, sie fragt nicht nach Schönheit, nicht nach Wildheit, sie ist… schön, wild, gefährlich und….
herzliche Morgengrüße in die Runde bei blauem Himmel mit Schönwetterwolken aus dem schwarzen Walde…
Guten Morgen, liebe Frau Blau,
wir haben hier genau das gleiche Wetter: sonnig und die gräulichen Wolken werden übers Meer weggetrieben. Da liegt den ganzen Tag Gartenarbeit an.
Hab Dank für dein Lob, ich finde, so macht bloggen Spaß. Für mich ist Bloggen so etwas wie ein digitaler Salon und diese Atmosphäre möchte ich gern auf meinem Blog verbreiten. Es hat etwas gedauert, mich davon frei zu machen, derart zu kommunizieren, dass ich viele Besuche bekomme. Dafür braucht man kurze Artikel, auf jeden Fall wenig Text. Mir kommt es mehr darauf an, einen lebendigen Austausch über ein Thema zu initiierren.
Ich bedanke mich herzlich bei jedem, der hier kommentiert.
So, jetzt geht`s ab in den Garten
Klausbernd, Siri und Selma sind schon ganz flattrig und senden liebste Buchfeengrüße
… ja, darauf können wir uns gut einigen!
Herzliche Grüße vom marmeladenkochengestressten (noch 4 Kilo schwarze Johannisbeeren, dann ist erst mal Schluss, dann dürfen Amseln und Tauben den Rest fressen …) Mätes
Lieber Martin,
ich habe deine wunderbaren „Martinsche Geschichten“ eine eigene Seite gewidmet. Die Idee kam von Frau Blau, danke sehr dafür!
Hier entsteht etwas, warten wir’s ab… und auf die nächste Geschichte…
http://toffeefee.wordpress.com/martinsche-geschichten/
😉
Liebe Grüße
Dina
Huiii, ich fühle mich sehr geehrt und motiviert, weiter zu machen !
Bei uns drängt gerade die Lavendelernte. Ich habe sooo viel Lavendel, dass ich etwa eine Woche für`s Ernten benötige. Dina bindet gerade fast wie in einer Manufaktur Sträußchen. Der Rest wird für`s Anzünden des Kamins genommen, geht genauso gut wie Firelighters und riecht dazu fein.
Lass dich nicht von den Johannisbeeren stressen.
Liebe Grüße
Klausbernd und seine beiden Buchfeen Siri und Selma, die heute außer Rand und Band sind
lieber Klausbernd, ja, mir machts auch Freude und nebenbei erfahre ich auf deinem Blog sehr viel… ich lerne immer gerne dazu! Was nun die Schielerei auf möglichst viele LeserInnen angeht, bin auch ich gerade dabei mich davon frei zu machen, lieber sind mir ein paar wenige, mit denen dann eben etwas zusammenwächst… mir ist die Lebendigkeit sehr viel lieber und der ehrliche Austausch als 20 I-like-it-Buttons, die dann letztlich nur sagen, okay, der oder die war da…
okay, auch ich benutze diesen Knopf, meist dann, wenn ich etwas schmallippig unterwegs bin (soll ja vorkommen)
lieber Martin, da bin ich ja froh, dass ich gestern Abend, nach dem Lesen eurer Diskussion erst einmal schlafen gegangen bin, heute Morgen waren dann die Gedanken klar, aber gestern war eh nicht mein Tag…. und mmmh schwarze Johannisbeeren, davon gibts in diesem Jahr leider kaum welche hier, und selbst die roten halten sich dezent zurück, aber ich habe ja noch Marmelade vom letzten Jahr…
liebe Dina, das war meine Idee…? wow, ick staune… habe ich schon wieder vergessen… tzzz
übrigens Lavendel mit Beifuß (ohne Blüten) zusammengebunden gibt wunderbare Räuchersticks, zum duchduften der Räume und ungebetene Geister nehmen gleich reißaus 😉
herzlich sonnige Grüße, Freude beim gärtnern und Marmelade kochen, ich muss mal schauen was ich gleich noch treibe, wahrscheinlich eine Runde laufen gehen, der Garten braucht mich grad nicht, habe gestern fleißigst geerntet (Basilikum, Salbei, Beifuß, Estragon, was nun alles in der Kammer rocknen darf)
tschü-hüß und herzliche Grüße an die Buchfeen
Huch, wie fleißig ihr alle seid – Lavendel wächst viel im Garten hier, neuerdings sogar in verschiedenen Duftrichtungen, aber auf die Idee, den zu ernten und zu trocknen, sind wir noch nie gekommen … der Salbei steht auch nur so rum und Beifuß ((((jetzt musste ich schnell googlen, damit ich die richtige Pflanze meine))))) Beifuß soll zwar, sagt meine Schwester, gut für die Leber sein, landet bei uns aber in der Komposttonne. An Beifuß habe ich nicht so gute Erinnerungen – ich musste mal mit einer Gruppe mehrere Hektar verunkrautetes Rübenfeld von dank guter Düngung gigantischem Beifuß befreien …. ist jetzt auch schon 15 Jahre her …
Einen schönen Abend allen!
Lieber Martin,
wenn du den Lavendel schneidest, wächst er sehr viel anmutiger – ich schneide ihn kugelförmig. Lavendel soll die Motten abhalten. Ich hänge Sträußchen in die Kleiderschränke (habe keine Motten, ähm …, hatte auch vorher keine) und benutze meine Mengen (20-25 Müllsäcke) getrockneten Lavendls zum Kaminanzünden. Beifuß wächst bei mir auch riesig hoch. Ich hörte es, dass er gut im Kompost sein soll und Artischocken ebenso, die auch die Leber stärken sollen. Ich habe gerade viele Artischocken, lasse die meisten jedoch blühen. Ich liebe diese große blaue Blüte, wenn ich mir auch die blaue Blume der Romantik eher als Glockenblume vortstelle. Die habe ich leider nicht in meinem Garten.
Ganz lieben Dank Frau Blau für den Hinweis auf die Beifuß-Lavendel-Räucherung. Ich werd`s demnächst ausprobieren.
Wir haben heute Rasen gemäht, die Zitronenmelisse eingekürzt, Rosen geschnitten und, wie gesagt, Lavendel geerntet. Jetzt ist aber genug getan!
Ganz liebe Grüße euch allen
Klausbernd und seine beiden lustigen Buchfeen Siri und Selma, die gerade ihren geliebten Cranberrysaft schlürfen – huch, ich bekomme gar nichts mehr ab.
Jetzt habe ich mich mit dem zweiten Morgenkaffee in aller Ruhe durch die Kommentare gelesen und muss sagen: Erstaunlich wie man vom Baum über den Wal zum Rückgrat kommen kann. Interessant zu lesen und äußerst lehrreich. Es bleibt nichts übrig was mir dazu einfiele, außer dass ich allen einen schönen Tag wünsche. 🙂
Liebe Grüße, Szintilla
Auch dir noch ein feinen Abend, liebe Szintilla, Dina und ich sind völlig ko von der Gartenarbeit in der knalle Sonne und ich hänge gerade noch so vorm Bildschirm.
Liebe Grüße von Dina und mir und „liiiiiiiiiiebe Grüße“ von unseren immer noch munteren Buchfeen Siri 🙂 und Selma 🙂
Lieber Martin,
der Beifuß (Artemisia vulgaris)… ist das „heißeste“ Kraut, was wächst. Die Chinesen benutzen es zum „moxen“ (das bitte bei Tante Gugg schauen).
Bei uns wurde er in den alten Zeiten zu Abtreibungen eingesetzt, aber dazu möchte ich auf keinen Fall raten! Er gilt noch heute als menstruationsfördernd und uterusstärkend und wird auch hier bei den Phythotherapeuten so eingesetzt.
Er ist stark desinfizierend. Deswegen wohl auch der Glaube daran, dass er die schlechten Geister aus dem Hause treibt.
Als Gewürz (in geringen Mengen) bei fetten Fleischgerichten und ähnlichem unterstützt er die Verdauung. Durch seine Bitterstoffe regt er Galle und Leber an.
Ferner wurde/wird er zur Wundheilung genommen (Desinfektion).
Auch hängte man in den alten Zeiten ein Bündel Beifuß an den Hauseingang, damit die schlechten Geister erst gar nicht hereinkamen.
Als Jauche ist er ein wunderbares Düngemittel (zusammen mit Brennnessel zum Beispiel) und ja, im Kompost ist er natürlich auch nicht verkehrt…
soweit und auf die Schnelle etwas aus dem Kräuterlexikon der Frau Blau, die wieder einmal herzlichst in die Runde grüßt, aus dem heute nass graukalten schwarzen Walde.
oh sorry, wieso eigentlich nur lieber Martin, natürlich auch lieber Klausbernd und liebe Dina und….
man möge es mir aufgrund des gerade erst wachwerdenden Geistes nachsehen 😉
Liebe Buchfeen und lieber Klausbernd 🙂
ein sehr informativer Beitrag, der bei mir an manchen Stellen „passives Wissen geweckt“ hat…und Stichworte, die mich dazu animieren, mal wieder nachzulesen. Yggdrasil, die Weltesche – hat mich schon immer fasziniert, dieses Bild.
Traumsymbolik ist auch eins der Themen, die mich interessieren – da ich unwahrscheinlich viel träume – ich meine, träumen tun wahrscheinlich die meisten Menschen, aber anscheinend können sich manche nicht an ihre Träume erinnern. Bei mir ist es oftmals klar erkennbare Verarbeitung der Tageseindrücke, aber auch gewisse immer wiederkehrende Elemente – z. B. abstürzende Jets (auch ohne vorigen Besuch einer Airshow 😉 ) wobei ich den immensen Lärm der Triebwerke wirklich zu hören glaube! .. dann das Meer, aber oft mit sehr schmutzigen Schaumkronen und felsig-steiniger Küste .. und eine Art diffuser Bedrohung dergestalt, daß ich weiß, daß die Welt sozusagen „übernommen“ worden ist von einer bösartigen Macht (wiederum unabhängig vom Konsum irgendwelcher Filme) die aber nicht sichtbar ist, und ich versuche, ihr zu entkommen, aber es gibt kein Entrinnen …
Thema Träume – bis ca zu meinem 19. Lebensjahr hatte ich regelmäßig Alpträume von Katzen. Eine Katze im Traum war für mich nie etwas Harmloses oder Schönes (obwohl ich schon als Kind Katzen und Tiere allgemein sehr gern hatte) sondern grundsätzlich eine existentielle Bedrohung, die mich verfolgte – oft auch in entstellter, verstümmelter Form. Diese Alpträume haben mir ganz schön zugesetzt, und sie gingen oftmals weiter, obwohl ich zwischenrein aufwachte, aufstand, mich mit einem Buch ablenken wollte .. Irgendwann hörten diese Träume schlagartig auf und kamen nie wieder. Erstaunlich …
Was auch oft ein Traumsymbol bei mir ist „Geld finden“. Einfach so am Straßenrand, in der Wiese ..kleine Münzen, aber diese Funde bedeuten jedesmal ein Glücksgefühl. Irgendwo habe ich mal gelesen, Geld finden könnte man mit „neue Seeleninhalte finden“ gleichsetzen.
Nun bin ich aber vom eigentlichen Baum-Thema Eures Beitrags abgekommen 😉 Schade, dass er gefällt werden mußte – aber wenn er krank ist, hilft’s ja nichts …
Ganz wichtig – herzlichen Glückwunsch, lieber Klausbernd, zur Veröffentlichung deines Buches in SO vielen Sprachen.. !
Nun wünsch ich Euch ein erfülltes Wochenende und schicke liebe Grüße zu Euch ans Meer,
Ocean
Liebe Ocean,
Danke für deinen Glückwunsch. Das ist nicht ein Buch, für das ich Lizenzen in 22 Sprachen verkauft habe. 22 Sprachen bezieht sich auf alle Bücher von mir (außer meinen wissenschaftlichen Büchern – übrigens eins über Brechts Naturgedichte in der Reihe „Europäische Hochschulschriften“).
Ja, zu den Traumsymbolen: Die Katze als Alptraum kommt in der Geschichte von E.A. Poe „Der schwarze Kater“ vor (ziemlich gruselgrusel). Im Traum tritt sie häufig als Symbol der erotisierten Weiblichkeit auf, bei Frauen, die Angst vor ihrer eigenen sexuellen Ausstrahlung haben (engl. pussy). Von der Katze wird deswegen häufig während der Pubertät oder kurz danach geträumt, bis man sich als Frau anerkennt und seine Weiblich genießt.
Von der Katze zum Flugzeug. Freud hätte das ebenfalls als erotische Sehnsucht gedeutet, aber seine „Traumdeutung“ ist nun schon 112 Jahre alt und so erkühne ich mich, mich vom Obervater zu emanzipieren. Absturz ist die rauere Art der Erdung, so krach, splitter, peng, aber auf der Erde angekommen, immerhin. Also: Warnung vor dem Abheben in die eigenen Welten.
Die Welt wurde von den Bösen übernommen. Das ist ein Credo der Verschwörungstheoretiker. Es ist produktiv, davon auszugehen, dass alles, wovon wir träumen (am Tag und bei Nacht) wir selbst sind. Das Böse in der Welt, ist das Böse in uns, das, was C.G. Jung den Schatten genannt hat. Natürlich besitzen wir alle unseren Schatten, z.B. wenn ich mich fein hier narzisstisch zu produzieren suche. Als Kind, ist man nicht verblödet, hasst man bisweilen seine Eltern, später Lehrer und Vorgesetzte. Nun muss man aber doch in unserer Gesellschaft lieb sein, sonst hat einen Mama und/oder Papa weniger lieb. Also werden die unerträglichen Eltern abstrahiert zu dem Bösen und damit werden sie nicht persönlich angegriffen, was eine Entlastung ist, da man doch nichts hasst, was man lieben sollte.
Ehrlich gesagt, je älter ich werde, desto mehr wende ich mich von den Jungschen Spekulationen ab und werde zum milden Freudianer. Als dieser sehe ich, wie wär`s auch anders zu erwarten, das Thema Erotik überdeterminiert. Die Christen sehen den Sex als das Böse, wie mir viele Christen berichteten. So könnte man doch alle diese Träume als eine natürliche Auseinandersetzung mit deiner Sexualität – was immer auch im Freud`schen Sinn Kreativität bedeutet – deuten. Auch der Absturz wäre als Zwang zur Hingabe deutbar.
Mit anderen Worten, solche Träume sind eine intelligente Auseinandersetzung unseres Unbewussten mit unserem erotischen Ausdruck und treten besonders in einer eher prüden Umgebung auf.
Zum Schluss das Geld finden, fast wie bei der Sternthaler, man hebt sein Röckchen und das Geld fällt hinein. Soweit der Wunschtraum im deutschen Hausmärchen. Ich sehe das Finden von Geld eher als das Finden von Möglichkeiten und eigener Macht. Ich vermute, bei dem Wort runzelst du deine Stirn, aber so ein bisschen Macht benötigen wir doch alle.
Jetzt fällt mir nichts mehr ein.
Ich wünsche dir ein wunderbares Wochenende und sende dir liebe Grüße
Klausbernd 🙂
Siri und Selma 🙂 🙂 lassen auch herzallerliebste Buchfeengrüße übermitteln
Dina grüßt auch!
Watne Grüßerei
… hab vielen herzlichen Dank für deine ausführliche und höchst spannende Antwort, lieber Klausbernd! Prüde Umgebung, damals ..das haut schon hin. Passend auch, dass die Träume schlagartig aufhörten, als ich diese Umgebung verließ.
Sehr interessant finde ich deine Interpretation bezüglich der Flugzeuge … Hingabe, evt auch Loslassen bzw Loswerden innerer Zwänge und Sperren – doch genau das erzeugt Angst .. Bemerkenswert sind bei diesen Träumen die extremen Geräuschwahrnehmungen (nicht umweltbedingt, also es ist in dem Moment kein Schrank umgefallen oder so etwas *g – anfangs dachte ich so etwas)
Und was das von dir angesprochene Stichwort „Macht“ angeht ..das sehe ich wie du. So ist es nunmal, das ist menschlich, und ganz sicher bin ich da keine Ausnahme. Dazu das Finden von Möglichkeiten – klingt konkreter als die zitierten „Seeleninhalte“, wobei die neuen Möglichkeiten ja dann zu neuen Inhalten führen können..innerlich und äußerlich.
E.A. Poe war in meiner Teenie-Zeit übrigens mein Lieblings-Autor..dann abgelöst von Stefan Zweig.
Ich wünsch dir und Dina einen schönen Abend und lasse Euch ganz liebe Grüße hier 🙂
Ocean
Liebe Ocean,
es gibt Typen wie mich, die eher abstrakt träumen, die meisten träumen weitgehend bildlich, andere akustisch, auch Geruch und Berührung kommen im Traum vor. Welche Elemente der innere Regisseur der Träume wählt, hängt davon ab, was auch in deinen Leben eine Rolle spielt und wofür du sensibilisiert bist.
Die Wahrnehmung von Lärm muss eine Bedeutung für dich haben. Darüber lohnt es sich nachzudenken.
Klausbernd und seine beiden liebklugen Buchfeen Siri und Selma wünschnen dir einen angenehmen Tag und so viele Einsichten, wie du krreativ verarbeiten kannst