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Archiv der Kategorie: Selmas Frauen

Grace O`Malley, irische Piratin

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Seid Ihr schon in Westirland gewesen? Dort habt Ihr sicher viele Häuser gesehen, die Granuaile besessen hat. Zugegeben, Dina und ich bereisen gerade das östliche Irland auf den Spuren von James Joyce, Oscar Wilde und Samuel Beckett, aber darüber später, jetzt wird geguckt, gelatscht und fotografiert, denn immerhin haben wir ja Ferien. Dennoch als kleinen irischen „Starter“ diesen Artikel. Wer ausführlichere Infos über Piratinnen wünscht, der findet einen längeren Beitrag zu Piratinnen auf meiner Webside (Freundesbrief 17).

Grace O`Malley (1530-1600 oder 1603): eine der einflussreichsten Piratinnen, die gut historisch dokumentiert ist. Operationsgebiet: Küste Westirlands. Sie war Queen of Umaill, chieftain des Ó Máille Clans und erfolgreiche Piratin. Sie ist unter ihrem Spitznamen Granuaile oder Gráinne Mhaol (was glatzköpfig bedeutet, da sie als junge Frau ihre Haare kurz trug) bekannt.

Granuaile
Heritage Centre in Louisburgh, Ireland

Diese irische Piratin kämpfte mit wackerem Kapern und Seeblockaden gegen und für die Engländer, versenkte einige Boote der versprengten spanischen Armada und agierte profitabel als Doppelagentin. Sie war ein in das irische Piratenhandwerk hineingeborener hochprivilegierter Profi, der bereits in jungen Jahren eine Piratenflotte geerbt hatte, die er geschickt auszubauen wusste.

Granuaile verstand (wie bereits die erfolgreiche Piratin Jane de Belleville zuvor), dass sie nur durch ein politisches Verständnis ihres Gewerbes ihre Macht erhalten konnte. Sie schaffte es immerhin, Elisabeth I zu Verhandlungen persönlich zu treffen, was eine der Lieblingsszenen in der Piratenliteratur für Frauen darstellt. Zwei mächtige Frauen treffen sich. Granuaile war ebenfalls adelig, fürstliche Piratin, „Tochter eines mächtigen irischen Clanchefs, der Piraterie betrieb“ wäre wohl die richtige Bezeichnung – kurzum Grace O`Malley fühlte sich adelig, alter Adel, immer raubend, nicht so viel anders wie die Tudor, deren glänzende Herrscherin, die kluge Elisabeth, sie empfangen musste.

Von Walsingham, einer der frühen Geheimdienstchefs am Hofe von Elisabeth I., hatte Grace O`Malley gelernt, eine List zu erkennen und zu nutzen. Heute könnte man Granuaile als eine der ersten Doppelagentinnen präsentieren. Es ist belegt, dass Granuaile offiziell auf Seiten der Iren stand und gleichzeitig ihren Feinden, den Engländern, Geheimdienst-Informationen zukommen ließ.

Als irisches Vollweib und kluge Politikerin, wie Granuaile von Zeitgenossen bereits gesehen wurde, kommt sie dem Zeitgeist als Projektionsfläche für ehrgeizige Frauen entgegen. Einige Frauen wie Judith Cook und Anne Chambers schrieben gut recherchierte Bücher über Granuaile, die von der Tourismusindustrie von Galway längst vereinnahmt worden ist. Über Granuaile kann man spannend schreiben, da sie die Piratin ist, die ihren Kopf stets im allerletzten Moment aus der Schlinge zog. Beliebt ist zu beschreiben, wie Granuailes schöner Hals bereits in der Schlinge steckt, als Reiter angeprescht kommen, die ihre Freilassung im Namen der englischen Königin fordern.

Nach unseren Recherchen war Granuaile weltweit die erfolgreichste Piratin nach der Witwe Tschang (Cheng I Sao oder Piratin Tsching), deren Leben in „Shining Behind the Screens“ verfilmt wurde und deren Geschichte Jorge Luis Borges in seinem Buch „Die Witwe Tsching, Seeräuberin“ für die Nachwelt bewahrte.

Einen lieben Gruß aus Irland
Wir Buchfeen Siri und Selma 🙂 🙂 Dina und Klausbernd

Hier bekommt ihr `was zu sehen:

Vita Sackville-West

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Liebe Leserinnen und Leser, endlich habe ich mich durchsetzen können – mit Dinas Unterstützung.
Ab heute habe ich die Ehre, auf diesem Blog eine eigene Rubrik „Selmas (starke) Frauen(porträts)“ zu betreuen. Und schon geht`s los mit Victoria Mary Sackville-West, The Hon Lady Nicolson, genannt Vita. Heute am 2.6. vor 50 Jahren ist diese geniale Ekzentrikerin gestorben.

Ihr Leben liest sich wie ein Roman. Ihre Biographie ist ein Gesamtkunstwerk. Ihr aristokratischer Hintergrund mit seiner Pracht und seinen Privilegien, dazu der Umstand, dass ihre Großmutter eine spanische Tänzerin war, tragen ebenso zu diesem Eindruck bei wie ihr abenteuerliches Leben. Geboren wurde sie 1892 als einziges Kind von Lord Sackville und seiner Ehefrau Victoria auf dem schönen Schloß Knole in Kent.

Mit vierzehn Jahren schrieb sie ihren ersten Roman und bis zu ihrem Tod war sie nur dann mit sich zufrieden, »wenn sie ein Buch in Arbeit hatte«. 1913 heiratete sie Harold Nicolson, mit dem sie um Sissinghurst Castle einen der schönsten und berühmtesten Gärten der Welt gestaltete. Die offene Ehe (er schwul, sie eher lesbisch ausgerichtet), die wohl die ungewöhnlichste Liebesbeziehung dieses Jahrhunderts war, bestand über neunundvierzig Jahre.

Vitas exotische Reisen, ihre zahlreichen, leidenschaftlichen Frauenbeziehungen, ihre unkonventionelle Ehe, ihr Ruhm als Erfolgsautorin und ihr Genie als Gärtnerin ließen sie zu einer der faszinierendsten Frauengestalten der damaligen Zeit neben der 14 Jahre jüngeren Josephine Baker werden.

Vitas Liebesaffäre mit Virgina Woolf gehört zu den berühmten Liebesgeschichten der Welt. Woolfs Kritik an der Männermacht und der Unterdrückung weiblicher Kreativität hatte sie zu einer Ikone der Frauenbewegung werden lassen. Vita und Virginia lebten ihre Leidenschaft als Modell einer emanzipierten Beziehung in Berlin aus. Interessierte können hier weitere Infos finden.

Virginia Woolf schrieb für Vita den Roman „Orlando“, eine fiktive Biografie von Vita Sackville-West. Sally Potter machte daraus ein Drehbuch, komponierte die Musik und so wurde „Orlando“ zu einem erfolgreichen Film mit Tilda Swinton in der Hauptrolle. Auf dem letzten Bild unten rechts posiert Vita Sackville-West als Orlando.

Vita Sackville-West war wie Virginia Woolf eine Bloomsberry, so nannten sich die Mitglieder der Bloomsbury Group, die für die Erneuerung der englischen Kultur zu Beginn des 20. Jh. die wesentlichste Kraft war. Und wie kann es in Merry Old England auch anders sein,  die Bloomsberries waren ursprünglich alle Cambridge-Absolventen.

Mit zunehmendem Alter wurde Vita Sackville-West depressiv und starb mit siebzig Jahren an Krebs.

In drei Wochen werden Dina, der Master und wir Buchfeen Sissinghurst Castle in Kent besuchen. Wir werden den Garten und das Zuhause von Vita (es wird heute von National Trust verwaltet) genaustens beäugen. Ich freue mich auf den Flug in den Turm, wo Vita sich zurückzog und wie besessen schrieb, um sich dann wieder in Londons luxuriöser »großer Welt« zu bewegen. „Komisch“, sagte der Master letzte Woche, als er erneut jemand nach Besonderheiten von Kent fragte, „Kent kennt keiner“. Das wird sich bald ändern. Knipsis gibt’s danach. 🙂

Ich, Selma Buch- und Gartenfee empfehle:
Der Bildband „Sissinghurst – Der schönste Garten Englands“ von Tony Lord
„Mein Garten“ von Vita Sackville-West (Piper Tb., mit feinen Farbfotos)

Meine Schwester Siri Buchfee empfiehlt:
„Eine Frau von vierzig Jahren“ von Vita Sackville-West

Dinas Empfehlung:
Der Film „Orlando“ von Sally Potter mit Tilda Swinton

Der Master empfiehlt
„Portrait of a marriage“ von Nigel Nicolson

Herzliche Grüße
Eure Selma