Hi, liebe Leser, endlich lässt mich Siri an ihr McFeeNotebook und nun kritzele ich über unsere Bücherwelt – ja ICH! Siri hat doch nicht die Belesenheit gepachtet. Ich bin auch BuchFee! Und findet Ihr nicht, meine Schwester entwickelt zunehmend zur Vatertochter? Jetzt versucht sie doch glatt wie der Master zu schreiben – eine Kopistin, aber keine Plagiatorin in hehrer Guttenbergscher Tradition, oh dear, aber eine Liiiebe. Vielleicht liegt es auch daran, weil sie auf des Masters Schultern hockend in Terry Pratchetts Buch diese Scheibenwelt-Fantasien gelesen hat. Scheibenwelt, das ist eine Abart der FlachErdeWelt, die Siri in ihrem Normaler-Tag-Geschreibsel erwähnte. Eigentlich hätte ich den beiden „Die Farben der Magie“ geben sollen, wo der untalentierte Zauberer Rincewind über den Rand der Welt purzelt, über „the Edge“, wie unsere Gegend von dem vogelguckenden Autor Richard Mabey, Englands prominentesten Naturschriftsteller, beschrieben wird. Prachett dagegen meint wohl nicht unseren Strand hier. Wie dem auch sei, „Die Farben der Magie“ war unauffindbar verstellt, ich hoffe, nicht über „the Edge“ gefallen. PotteryPetronella schwärmt für dieses Buch. Ist doch klar, ihre Welt ist die Töpferscheibe, also auch so eine Scheibenwelt.
Iiih, SiriFee und der Master sind bisweilen voller Vorurteile: „Kinderliteratur“ war ihr Kommentar als ich ihnen „Der Winterschmied“ empfahl. Da die liieben Ignoranten noch nie etwas vom alzheimerkranken Prachett gelesen haben, drückte ich ihnen das arme ungelesene Buch von Regalbrett 2 in die Hand. Ich dachte mir, da können sie lernen, wie man witzig und fantasievoll dichtet. „Fantasy – nicht mein Ding!“, wehrte der Master brüsk ab, aber dann lasen sich die beiden laut lachend fest. Da es um den Winter, einen Eisberg und viel Schnee geht, vermutete ich, dass sie trotz ihrer manchmal elitären Haltung den Roman zumindest ganz nett fänden. Klar, der Master schreibt anders, aber er brauchte unbedingt eine Auflockerung, denn aufgeregt wartet er darauf, ob sein Roman angenommen wird, immerhin liegt er auf dem Tisch der Cheflektorin eines Großverlags, die sogar versprach, ihn zu lesen. Das ist doch etwas – oder? Also kräftig Flügeldrücken! Unter uns, mit Hilfe von Siri hat der Master bereits einen zweiten Band von „Tantes Tod“, wie der Alliterationsverliebte seinen Roman tituliert, geplant.
In Good Old Norfolk hat Schreiben Tradition – weil sonst nichts los ist.
Henry Rider Haggard schrieb auf seinem Gut (Ditchingham) u.a. „Sie“, einen – wie ich finde – voll kitschigen Roman, den C.G. Jung als den besten über die Anima empfahl. Die Verfilmung – ich sage Euch – zum Kichern. Häufig wurde der Gentleman Farmer Rider von seinem Freund Rudyard Kipling besucht, den das ländliche Norfolk ebenfalls inspirierte – aber bestimmt nicht zum Dschungelbuch! Beide verband die Trauer über den Tod ihrer Söhne. Auf langen Spaziergängen und beim Tee im Gutshaus entwickelten sie gemeinsam die Handlungen ihrer Romane. Haggart wurde berühmt durch seinen Roman „King Salomons Mines“. Die kluge Siri sagt mir gerade, dass er mit seinem Bruder gewettet hatte, ein so beachtliches Werk wie Stevensons „Die Schatzinsel“ schreiben zu können und da soll er in sechs Wochen „King Salomons Mines“ vollendet haben, ein riesiger Erfolg, zu dem ihn R.L. Stevenson gratulierte. In einigen späteren Romane spielt Norfolk ein Rolle.
Und dieser fürchterliche Moralist Daniel Defoe soll in der St. Nicholas Kapelle zu Kings Lynn eine Inschrift gesehen haben, die einen Robinson Cruso erwähnt. Daraus wurde unter kreativer Hinzufügung des E der „Robinson Crusoe“, der auf seiner Insel ständig jammert, nicht die goldenen Früchte des Mittelstands zu Hause genossen zu haben. Der Master las zusammen mit Siri Defoes „A General History of the Pyrates“, die ich viiiel zu langweilig fand, voll gähn. Dieses Piratenbuch, das Defoe als Captain Johnson veröffentlichte, ist jedoch die Quelle für die Geschichte der Piraterie, die am zeitnahsten an der Blütenzeit der Freibeuter geschrieben wurde, erklärt mir gerade Siri, die mir ständig beim Schreiben über die Schulter guckt.
Und ob unser krimiliebendes Tantchen weiß, dass Arthur Conan Doyle 1901 seine Idee zum „Hund von Baskerville“ in Cromer bekam? Norfolks Seeräuber und Schmuggler erfanden den Geisterhund, um Neugierige von der Küste abzuhalten, das wurde Conan Doyle beim Golfen an unserer Küste erzählt. Cromer Hall war die im Roman beschriebene Baskerville Hall, außerdem beschrieb der erfolgreiche Autor später die Küste bei Happisburgh in seinen Sherlock Holmes Krimis. Der Vater von Sherlock Holmes liebte es, sich an der Küste Norfolks zu entspannen.
Tantchen Doris wird es auch sicher interessieren, dass die erste englische Frau, die bereits im 14. Jh. ein Buch veröffentlichte, aus Norwich kam: Julian(a) von Norwich, die in der feministischen Theologie des zwanzigsten Jh. ein Popstar wurde, da sie Gott androgyn sah.
OK, was soll ich Euch noch länger langweilen mit“ Oscar Wilde war hier wie auch Ruth Rendel, D.H. Lawrence und Wersonstnoch“. Aber lasst mich noch schnell, eh Siri wieder an das Notebook will (sie nervt mich heute!), Jack Higgins und W.G. Sebald erwähnen.
Jack Higgins war mit „Der Adler ist gelandet“ einer der ersten weltweiten Erfolgsautoren – und wisst Ihr, wo diese spannende Geschichte um die Entführung Churchills spielt? In Church Lane! Ja, keine drei Minuten Fußweg von unserem FeenKuschelHaus. Voll blöd, dass es nicht hier verfilmt wurde (war zu teuer, ehrlich)! Also, ich bin ja eigentlich kein Leser von Kriegsliteratur, uhhh, die ist mir zu brutal, Feuer und Blut sind gar nicht meine Sache – Siri ruft gerade: „Meine auch nicht, iiih!“ Aber da im Roman nun mal unsere Kirche eine wichtige Rolle spielt, lasen wir ihn zu dritt. Der Master war verwundert, wie positiv teilweise die deutschen Offiziere von Higgins geschildert wurden – und das in den siebziger Jahren, als in anderen britischen Kriegsromanen die Deutschen durchweg als böse dargestellt werden.
