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Cley next the Sea, winter

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Siri + Selma

Siri + Selma

There are few places in England where you can get so much wildness and desolation of sea and sandhills, wood, green marsh and grey saltings as in North-Norfolk.
W.H. Hudson (author and ornithologist, friend of Joseph Conrad)

You either get Norfolk, with its wild roughness and uncultivated oddities, or you don’t. It’s not all soft and lovely. It doesn’t ask to be loved.
Stephen Fry

Hier wohnen wir – im „Mecca of Birdwatching“ wie Cley next the Sea an der Küste Nord Norfolks genannt wird.
That`s where we are living – in Cley next the Sea the „Mecca of birdwatching“ at the North Norfolk coast.


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Ihr seht auf Dinas Fotos die Salzmarsch, aber keineswegs irgendeine x-beliebige Marsch, sondern die Vogelmarsch an der East Bank. Wenn ihr Vogelgucker seid, habt ihr vielleicht von ihr gehört. Man sagt, jeder Vogelfreund müsste zumindest einmal in seinem Leben die East Bank entlang gelaufen sein. Diese Marsch ist nicht nur Erholungsgebiet seltener Vögel sondern auch Tatort von Krimis wie „The Murder in the Hide“ (Der Mord in der Vogelbeobachtungshütte) und selbst ein Gedicht („Ornithologist„) wurde über sie von Cameron Self, einem mehrfach ausgezeichneten engl. Autor, geschrieben.

Dina`s pictures show the marshes in winter, but not any marshes, these are the marshes around the East Bank. If you are a birdwatcher or a twitcher it rings a bell. Every birdwatcher has to walk the East Bank at least once in his life time. Some crime stories are written about these marshes like „Murder in the Hide“ and even a poem,  Ornithologist by Cameron Self. Where else can you watch avocet, widgeon and little egrets while sipping a hot coffee?

Als Freud seine „Traumdeutung“ veröffentlichte, wurde in Cley die „Wild Bird Protection Society“ gegründet. Es war diese Gesellschaft, die das Birdwatchen revolutionierte. Noch zum Ende des 19. Jh.  „spottete“ der Birdwatcher einen seltenen Vogel, schoss ihn erfreut ab und ließ ihn ausstopfen. Heute schießt er immer noch, aber ein Foto.
Wenn ihr in die Marschen geht, hört ihr weder das vertraute „Hi!“ noch ein eher konventionelles „good afternoon“, sondern man begrüßt sich mit „what have you spotted?“. Und da wir beim „Spotten“ sind: Wir Einheimischen unterscheiden streng zwischen „birdwatcher“ und „twitcher“. Der Birdwatcher ist am Leben der Vögel interessiert, der Twitcher hakt nur die unterschiedlichen Vögel ab, die er sah, so richtig ist er an den Vögeln gar nicht interessiert. Das ist so wie train spotting. Naja, Birdwatchen sehen wir im Geheimen als schamlosen Voyeurismusmus an – alles peeping Toms ;-).
Birdwatchen ist eine ernste Angelegenheit, davon zeugt die Vogel Bibel im „The George“, in der jeder besondere Vogel nicht nur eingetragen sondern auch für ein Freibier gezeichnet wird. Ui, wir können euch sagen, da gibt`s bisweilen große Kämpfe, ob dieser oder jener schräge Vogel den verzeichneten seltenen Vogel überhaupt gesehen haben kann.

When Freud published his Dream Analysis the „The Wild Bird Protection Society“ was founded in Cley. They finished the old style of birdwatching when the birdwatcher happily shot the rare bird to have it prepared for his library. Well, birdwatchers are still shooting – with their cameras now.
Walking in the marches you can`t expect to be greeted with „hi!“ or „good afternoon“, the „official“ greeting is „what have you spooted?“ Do you know the difference between a birdwatcher and a twitcher? The twitcher is like a trainspotter in the nature, he is keen to see many different birds but is less interested in the life and biology of the birds. Well, birdwatching and twitching is a relaxing voyeurism. But nevertheless very serously done. You can see that at the Bird Bible in „The George“, in which every special spotted bird is not only documented but quite often drawn as well. You will get a free pint for the drawing of a bird in the Bird Bible.


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Einer der Pioniere des „birding“ (übersetzt das nicht wörtlich 😉 ) war Bob (Robert) Pritchen, der zunächst die Nester der Seeschwalben in ihrem größten europäischen Brutgebiet absicherte. Wir lieben die Seeschwalben, da sie viel eleganter als die Möwen fliegen und dann ihre Geier-Sturzflug-Nummer: pfeilschnell stürzen sie sich ins Meer, um ihre Nahrung unter Wasser tödlich zu attackieren. Wir beobachten das mit Masterchen oft vom Boot aus.

Bob (Robert) Pritchen was one of the pioneers of birding. He started with protecting the nesting terns. We love terns! They fly so elegant and then they fall into the water as swift as ligthning to get their food. On warm summer days we can`t stop watching them from our litlle boat. 

Der Blakeney Point, die Nehrung, auf der man von Cley aus ins Meer hinaus wandern kann, bietet die ideale Voraussetzung für ein Vogelparadies: deutliche Landschaftmarke, offenes, fischreiches Meer, Hinterland mit Marschen und Süßwasserseen – was will ein Vogel mehr? 266 verschiede Vogelarten wurden letztes Jahr gesichtet – nicht dass wir die kennen, das lasen wir.
Speziell im Herbst und Frühjahr sieht man hier riesige Vogelschwärme, in denen die Kelten das Bild ihrer Göttin Arianrhod aus dem „Mabinogion“ sahen (neben dem „Beowulf“ das älteste schriftliche Zeugnis aus englisch-walisischer Vorzeit). Das können wir gut verstehen, wenn wir solche Schwärme betrachten, bewegen sie sich wie ein Wesen, das eben Schwarmintelligenz ausdrückt. Schon Homer sah die Vögel als etwas Besonderes an; das sie für ihn Schwerelosigkeit symbolisierten nannten er sie „Seelentiere“ – ähnlich wie die Seele „Ka“, die im alten Ägypten als Vogel gesehen wurde.

If you walk the Blakeney Point from Cley – a georgous walk – you will see big flogs of birds especially in autumn and spring. The Kelts saw their goddes Arianrhod (from „The Mabinogion“ ) in these flogs. We can understand that pretty well, watching those flogs you see them moving as one being – swarm intelligence that is. Birds, as the only successors of the dinosaurs, have been seen always as special animals: the old Egyptian cultures as well as Homer connected birds with the soul.   

Wie gesagt, hier in den Marschen spielt der von der BBC verfilmte Krimi „The Murder in the Hide“ und in Nancy`s Café. Nancy`s Café ist auch aus der Geschichte des Birding nicht fortzudenken. Eigentlich hieß ihr Haus „Umvolosi“. Das ist ein Zulu-Name. Es gibt noch einige Häuser mit diesen Zulu-Namen in Cley, mit denen Schiffe der Union Castle Line benannt waren. Kapitän Lewis, der für diese Linie zwischen England und Afrika regelmäßig fuhr, hatte in Cley Cottages gekauft und gebaut, die er nach seinen Schiffen benannte. Also „Umvolosi“ war das berühmte Birdwatcher Kaffee, wo das rote Vogeltelefon stand. Es wurde von jedem erwartet, der bei Nancy seinen Tee trank, dass er das klingelnde Telefon abnahm, um die brandheiße Mitteilung zu erhalten, wo ein seltener Vogel sich gerade niedergelassen hatte. Dann stürmte die Café-Besatzung zu ihren Autos, dieser Stelle entgegen zu rasen. Für Birdwatcher, die kein Geld hatten, gab`s ein großes Matratzenlager unterm Dach bei Nancy. Also dort und in den Marschen findet der Krimi statt, wie es sich für einen „anständigen“ Birdwatcher-Krimi gehört.

„The Murder in the Hide“ was filmed in these Marsches and at Nancy`s. Nancy`s Café was another famous place for birdwatchers (Nancy retired years ago), well her cottage was named „Umvolosi“ originally. That`s a Zulu-name. We have some houses with Zulu-names in Cley because of Cptn. Lewis. He sailed for the Union Castle Line between East Anglia and Africa and named the cottages he bought in Cley after his ships bearing those names. The red bird phone at Nancy`s was ringing all the time and the guests were supposed to answer it. So they got hot hints where a bird was just spotted. If it was a rare one they immediately rushed to their car and off they went. Birdwatcher who didn`t have much money could sleep on mattrasses in Nancy`s loft.

Ein anderes berühmtes Cottage von Kapitän Lewis ist „Umtata“, dort hat Rupert Brooke 1914 beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs sein vaterländisches Gedicht „The Soldier“ geschrieben, das Churchill zur Rekreturierung von Soldaten benutzte. Wir Buchfeen finden die knapp hundert Gedichte Rupert Brookes nicht gerade umwerfend. Sein Ruhm scheint vielmehr darauf zu beruhen, dass er als der atemberaubend schönste Mann seiner Zeit galt.

Another famous cottage of Cptn. Lewis was „Umtata“. Rupert Brooke stayed here at the outbreak of WW I and wrote his famous poem „The Soldier“ in Umtata. Churchill used it to recruit soldiers later. We are not at all impressed by Rupert Brooke`s poetry (a little under 100 poems) but we are impressed by his looks. Rupert Brooke was seen as the most beautiful man in his time by many.

Zum Abschluss zurück zu den Vögeln. Im Januar 2008 wurde ein echt, echt seltener Vogel in Cley gesichtet, ein weißgekrönter Spatz (Zonotrichia leucophrys). Ja, wir sahen den auch! Ihm gefiel es bei uns so gut, dass er über eine Woche blieb. In der Zeit sammelten wir bei den Birdwatchern über 6.000 GBP, die wir zur Renovierung eines Kirchenfensters benutzten. Und wisst ihr, was wir machten? Auf einer Scheibe bildeten wir diesen Spatzen ab. Dort ziert er nun unsere Kirche, wo übrigens Masterchen seine Bücher austauscht. Da soll einer sagen, hier werden die Vögel nicht geehrt.

Unser Ehrenvogel!

Unser Ehrenvogel!

January 2008 was a happy New Year for British birders with the discovery of a White-crowned Sparrow (Zonotrichia leucophrys) at Cley-next-the-Sea (see Brit. Birds 101: 170). Rattling the proverbial bucket raised the sum of £6,400 for the village church. We renovated the west window and one pane acknowledges the unlikely benefactor. The stained glass image of the White-crowned Sparrow is taken from a drawing by Cley resident Richard Millington.

Liebe Grüße von unserem kleinen Dorf am großen Meer
Greetings from our little village next the big sea
Siri & Selma, Bookfayries

Auf dem Pit

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Auf dem Pit

Old sailors never die, they just get a little dinghy.
Mast- und Schotbruch, Pit

Im Norden auf der Karte könnte ihr den Pit sehen, nein, nicht den Pit aus Süd-Texas, sondern den Blakeney Pit. Das ist das stark gezeitenabhängige Haff, das wir durchqueren müssen, um mit Circe unserem Boot in See zu stechen. Wir wohnen ja in Cley next the Sea, dem kleinen Dorf am großen Meer, seht ihr, wo wir mit Circe starten?
Es gilt als ehernes Gesetz, dass die Kinder der Küstenorte, nicht den Pit beim Segeln verlassen dürfen. Wir Bookfayries dürfen auch nur mit Masterchen am Ruder den Pit verlassen, denn die Dünung und der Wellendruck, die Strömungen und Untiefen sind jenseits des Pits gefährlich. “Immerhin”, hält uns Masterchen immer vor, “sterben vor dieser Küste alljährlich um die 25 Leute auf See.”

(Für den geographisch Interessierten: Morston liegt genau auf ein Grad östlicher Länge, die Koordinaten von unserem Haus in Cley: rund 53 Grad nördliche Breite, rund 1 Grad östliche Länge)

Bevor wir allerdings zum Pit kommen, müssen wir den Glaven befahren, der diese Haff-Nehrungsküste bildet, und da geht es durch`s Reet (dieses Schilfgras wird auch „Ried“  genannt). Im folgenden Bild könnt ihr unsere geliebte Circe sehen, das Boot, das wir schon seit über 20 Jahren fahren. Naja, so sieht es auch aus …

Also, durch`s Ried an der Mühle entlang, geht es raus auf den Pit durch die große Schleuse, die unser Dorf vor Überflutungen schützt. Die letzte große Flut war 1953, als man auf der Hauptstraße Kahn fahren konnte. Aber da waren wir noch nicht hier. Die old boys und girls haben ihre eigene Zeitrechnung in Jahren nach oder vor der großen Flut.

Die Fischer haben am Glaven ihre Reedbeds, die Flächen, wo sie im Februar das Ried schneiden, mit dem traditionell Dächer gedeckt werden.

Das Gebiet ist fest in der Hand der Birdwatcher. Treffen wir solche Vogelgucker, die meist mächtiges Gerät wie ein Teleskop, Fotoapparat auf Stativ mit baumlangem Teleobjektiv und natürlich ein Fernglas mit sich schleppen, begrüßen die uns keineswegs mit “hi!” oder “good afternoon”, nein, ein echter Birdwatcher fragt sogleich: “What have you spotted so far?” Sie erhoffen sich natürlich von uns fliegenden Wesen den heißen Tipp (meine Schwester und ich sind bekannt für unserm Scharfblick), aber unter uns, wir kennen uns mit Vögeln weniger aus, das sind völlig andere Flatterwesen als wir – wir sind nicht verwand!
Cley wird das „Mekka of Birdwatching“ genannt. Ja, es spielen sogar einige Birdwatcher-Krimis in unseren Marschen und gar auf der High Street, wie der von der BBC verfilmte Roman “The Murder in the Hide”.

Und wenn wir erst durchs Ried und danach auf dem Pit herumtuckern, befinden wir uns in einer Landschaft wie designed, klare Linien, Meer, viel Horizont, Strand, die stets die gleiche Wirkung auf uns haben: erfrischend, entspannend und entschleunigend.

Spürt ihr das jetzt auch? Tiiiiief inhalieren, das hilft! Oben seht ihr Masterchen mit Circe am Lifeboat House am Ende der Nehrung. Das blaue Lifeboat House wurde 1898 als Ersatz des älteren gebaut. Allerdings taugte es zur Seenotrettungsstation gar nicht, da sich innerhalb weniger Jahre so viel Kies, Sand und Schlick durch die Strömung ablagerte, dass man dort kein Rettungsboot mehr zu Wasser lassen konnte. Seit 1910 dient es als eine Forschungsstation, die dem University College von London gehört.
Schaut auf Selmas Lieblingskarte unten: NT (für National Trust) bezeichnet das Lifeboat House und dann seht ihr gleich steuerbord und backbord die großen Seehundkolonien. Am östlichen Ufer sahen wir gestern über tausend Common Seals und die riesigen Atlantic Seals. Wir Buchfeen lieben diese Robben, die stets unser Boot begleiten.

Da sind sie, unsere liiiiieben Freunde da draußen! Manchmal ist es ziemlich risky, sie zu besuchen. Der Wellendruck und die Höhe der Dünung zwingen Masterchen häufig zu kühnen Wendungen, und dann wird es eine nasse Angelegenheit. Ich, Selma, knipse mir mit Dina, die Finger wund und wie der kleine Hävelmann schreien wir “mehr, mehr! Noch eine Runde an den Seehunden vorbei!” Durch das schaukelnde Boot ist es nicht so leicht, unsere Freunde gut ins Bild zu bekommen. Ich, Siri, helfe dem Master die Wellen einzuschätzen, was immer wichtig bei Kursänderungen ist, sonst gibt`s eine so unfreiwillige wie heftige Dusche, brrrrrr … Das mögen die Kameras überhaupt nicht und das Geschrei ist groß. Naja und vom Kentern wollen wir gar nicht erst reden.

Die herzerweichend schauenden Seehunde sind natürlich Menschenwatcher. Alle beobachten, auch wir. Spannend ist es, den Seeschwalben beim Fischen zuzuschauen und wir lieben ihren ständigen schrillen Schrei. Über ihrer riesigen Kolonie (30.000 Vögel) gleich hinter dem Badestrand der Robben schwirrt die Luft.

Wir könnten ewig lang draußen auf dem Pit verweilen, aber leider, leider das Meer hat das Sagen und zieht das Wasser zurück. Dann müssen sogar die Piraten gehorchen, … oh ja! Es ist halt unehrenhaft für einen Piraten auf dem Trockenen zu landen und zu Fuß nach Hause zu gehen. Geht gar nicht!

Die Piraterie ist eine große Leidenschaft in dieser Gegend, aber psssst! nicht weitersagen, wir spielen nur Piraten. Wie das aussieht, seht ihr unten: Wie sich Masterchen eine Kaperfahrt erträumt. Na, wir lassen ihn ruhig träumen. Ist ja nett 😉

Foto  © Konrad Lenz

Nun könnt ihr euch das hoffentlich besser vorstellen, wenn wir sagen, wir fahren mit dem Boot raus.

Ganz liiiiiebe Buchfeengrüße von
Siri & Selma 🙂 🙂